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Brigitte Kapraun geht in Ruhestand

Guido SchiekPfarrerin Brigitte Kapraun

Am 1. April ist es genau 25 Jahre her, dass Brigitte Kapraun ihren Dienst als Pfarrerin der Gehörlosenseelsorge in der Propstei Starkenburg antrat. Am Samstag, 1. April, wird sie durch Propst Stephan Arras im Gottesdienst um 14 Uhr in der Thomasgemeinde in Darmstadt, Flotowstraße 29, in den Ruhestand verabschiedet.

Sprache ist ein Geschenk Gottes
Pfarrerin Brigitte Kapraun geht nach 25 Jahren in der Gehörlosenseelsorge in Ruhestand
Verabschiedung am 1. April in der Thomasgemeinde

Am 1. April ist es genau 25 Jahre her, dass Brigitte Kapraun ihren Dienst als Pfarrerin der Gehörlosenseelsorge in der Propstei Starkenburg antrat. Nun wird sie am Samstag, 1. April, durch Propst Stephan Arras im Gottesdienst um 14 Uhr in der Thomasgemeinde in Darmstadt, Flotowstraße 29, in den Ruhestand verabschiedet.

Ein viertel Jahrhundert war die Vierundsechzigjährige für die Gemeinden gehörloser Menschen in Darmstadt und Reinheim zuständig. Das Einzugsgebiet reicht bis in den südlichen Odenwald. Zuerst fanden die Gottesdienste in Darmstadt in der Stiftskirche statt. Seit fünf Jahren versammelt sich die Gehörlosen-Gemeinde monatlich samstags in der Thomasgemeinde in Darmstadt, ebenso im Martin-Luther-Haus in Reinheim. Die Gemeinde hat zwar keinen Kirchenvorstand, aber einen Gemeindesprecherkreis, mit dem Brigitte Kapraun „auf Augenhöhe“ zusammenarbeitet, wie sie betont. „Gehörlose fühlen sich durch ihre gemeinsame Sprache eng verbunden“, sagt Brigitte Kapraun, „somit verstehen sie sich als eigene Gemeinschaft und Gemeinde mit einer eigenen Kultur.“ Insbesondere der Austausch nach dem Gottesdienst ist den Gemeindegliedern wichtig.

Die Gottesdienste hält Brigitte Kapraun in Gebärdensprache. Es ist eine eigenständige Sprache mit eigener Grammatik. „Diese lebendige und schöne Sprache ist faszinierend, für mich ein Geschenk Gottes“, sagt die Pfarrerin. Wenn auch Hörende im Gottesdienst dabei sind, lässt Brigitte Kapraun „die Stimme mitlaufen“, wie sie es nennt. Brigitte Kapraun führt seelsorgerliche Gespräche und nimmt in ihren Gehörlosen-Gemeinden auch Taufen, Trauungen und Beerdigungen vor. Zudem berät sie Familien etwa mit gehörlosen Eltern und hörenden Kindern. Sie hilft bei der Kommunikation bei Arztbesuchen oder im Krankenhaus. Es gibt Ausflüge, ein Seniorenfrühstück sowie thematische Veranstaltungen. In der Corona-Zeit konnten die Gemeinden zwar bald wieder zusammenkommen, aber die Gemeindetreffen nach dem Gottesdienst, zu dem viele lange Wege zurücklegten, mussten ausfallen. Für die oft alleinlebenden gehörlosen Menschen war die Corona-Zeit eine große Herausforderung.

Brigitte Kapraun sind die Menschen ihrer Gemeinde über die vielen Jahre ans Herz gewachsen, genauso auch deren hörende Angehörige. „Sie werden mir fehlen“, sagt sie. Auch das regelmäßige Übersetzen von Bibeltexten in Gebärdensprache werde sie vermissen, habe sie doch oftmals selbst ein „Aha-Erlebnis“ dabei gehabt, wenn sie den Text elementarisierte. „Das war genauso wohltuend auch für mich“, sagt die Mutter dreier erwachsener Kinder, die mit dem Pfarrer für Notfallseelsorge, Heiko Ruff-Kapraun, der im November in Ruhestand trat, verheiratet ist.

Etwa jeder Tausendste ist gehörlos, weiß die Pfarrerin, die in Marburg und Frankfurt studiert hat und zuvor Pfarrstellen in Wiesbaden und Taunusstein innehatte. Doch durch die Möglichkeit des Cochlea-Implantats werde sich die Zahl der Gehörlosen weiter verringern. Auch über die Geschichte der Gebärdensprache weiß Brigitte Kapraun viel: In den Neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts habe die Gebärdensprache in Europa eine Renaissance erlebt. Zuvor habe diese mehr als 100 Jahre lang als nicht gesellschaftsfähig gegolten. 1997 kam der Film „Jenseits der Stille“ in die Kinos. „Das brachte nochmal richtig Schwung“, erinnert sich die Pfarrerin. Als sie die Gebärdensprache erlernte, seien die Kurse übervoll gewesen, erinnert sie sich. Schließlich wurde 2002 die Gebärdensprache in Deutschland als vollständige Sprache rechtlich anerkannt. Auch in der Kirche habe es einen Aufbruch gegeben, erzählt Brigitte Kapraun: „Pfarrerinnen und Pfarrer wurden besser ausgebildet, und es wurde – statt Musik im Gottesdienst – eine eigene Gebärdensprachpoesie entwickelt.“ Lob und Dank, Bitte und Klage sollten erfahrbar werden, auch wenn Gesang und Orgelmusik fehlen.

Brigitte Kapraun blickt dankbar auf ihren Dienst für gehörlose Menschen zurück: „Es erfüllt mich mit großem Dank, dass ich diese besondere Arbeit tun konnte und meine Überzeugung leben und weitergeben konnte.“

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