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Wolfgang Kleber verabschiedet

Nach 37 Jahren an der Pauluskirche geht Dekanatskantor Wolfgang Kleber in den Ruhestand. Er ist am vergangenen Sonntag im Gottesdienst in der Pauluskirche verabschiedet worden.

Kreativer Kantor und Komponist
Kirchenmusiker Wolfgang Kleber geht in Ruhestand – Verabschiedung am 16. Oktober in der Pauluskirche

Fast vierzig Jahre lang hat er die Kirchenmusik in der Pauluskirche, in Darmstadt und weit darüber hinaus geprägt: Wolfgang Kleber. Der Dekanatskantor hat sich nicht nur mit seinem virtuosen Orgelspiel, sondern auch mit seinen Kompositionen einen Namen gemacht. Jetzt geht der Vierundsechzigjährige in den Ruhestand. Am Sonntag, 16. Oktober, ist er im Gottesdienst in der Pauluskirche verabschiedet worden.

Gerade hat er „Tefilla“ noch einmal in der Pauluskirche zur Aufführung gebracht. Seine Komposition von 2001 war sein „erstes großes Oratorium“, wie er sagt. Es folgten noch drei weitere, die nicht nur von Klebers experimentellem Kompositionsstil, sondern auch von seiner Beschäftigung mit aktuellen Themen in interreligiösem Zusammenhang zeugen, und mit denen er mehrmals bei Kirchentagen zu Gast war: In „Tefilla“ (jüdisches Hauptgebet) setzt er sich mit dem jüdisch-christlichen Dialog auseinander, in „Weg-Farben“ (2013) mit den Gemeinsamkeiten von Judentum, Christentum und Islam. In „Der Himmel über Sodom“ (2017) geht es ihm um die Themen Gerechtigkeit und Gastfreundschaft, ausgelöst durch die Flüchtlingsbewegung des Syrien-Krieges, und in „Der fallende Prometheus“ (2022) um Klimagerechtigkeit.
Dabei steigt der bei Idstein aufgewachsene Lehrersohn, dessen beide Großväter schon die Kirchenorgel spielten, tief in die Literatur ein. Unter anderem die Dichtung des mittelalterlichen Islam habe ihn zu der Erkenntnis gebracht, dass das Christentum eine Sichtweise sei – „ein Versuch unter anderen, sich der Wahrheit zu nähern - kein schlechter“.

Auch an eine Oper, hat er sich gewagt. Dazu habe ihn sein Lehrer Hans Ulrich Engelmann ermuntert, der ihn in neuen Kompositionstechniken unterrichtete. Mit „Santa Cruz“ (2006) vertonte Kleber Max Frischs Erstlingstheaterstück von 1944. Seine früheste größere Komposition war aber die halbszenische Kantate „Schattenverwandlung“, die in einer Wartezeit entstand: Nachdem er sich 1985 in der Darmstädter Paulusgemeinde beworben hatte, hörte er erstmal lange nichts, erzählt er. „Da dachte ich mir, ich schreib mal was“. Ein Mitglied aus dem Kirchenvorstand der Kreuzkirchengemeinde Wiesbaden, seiner ersten Stelle, erklärte sich bereit, den Text zu schreiben. Dann kam sie doch noch, die Zusage der Paulusgemeinde. Nur zwei Jahre später führte er hier seine Kantate auf. An die Pauluskirche gezogen hat ihn in erster Linie die große Schuke-Orgel, 1969 gebaut. Wenn es sein Nachfolger erlaube, würde er sie gern auch weiterhin ab und zu noch spielen wollen.

Als Lieblingskomponisten nennt er ganz klar Johann Sebastian Bach. Danach folgten Reger, Mendelssohn und Messiaen. Unbewusst sei viel von Bach in seine eigenen Werke geflossen, sagt Kleber. Neben vielen anderen Komponisten, die er über die Jahrzehnte gespielt habe, stelle Bach eindeutig eine Konstante dar: „Den habe ich schon als kleiner Junge gespielt.“ Wolfgang Kleber begann mit acht Jahren am Klavier, ein Jahr später bekam er bereits Orgelunterricht. Er begann zunächst ein Studium der Schulmusik und Mathematik in Frankfurt und wechselte nach einem Semester in den Studiengang Kirchenmusik an der Frankfurter Musikhochschule mit dem Abschluss A-Examen sowie Künstlerische Reifeprüfung und Konzertexamen im Fach Orgel. Er absolvierte seinen Zivildienst in der Frankfurter Luthergemeinde, wo er auch kirchenmusikalisch mitarbeitete. Als Dreiundzwanzigjähriger trat er bereits eine B-Stelle als Organist an der Kreuzkirche in Wiesbaden an.

Dass er in Darmstadt mehr als 37 Jahre bleiben sollte, hätte er sich damals nicht vorstellen können. Heute will der Träger des Darmstädter Musikpreises (2010) seine Zeit an der Pauluskirche nicht missen, habe sie ihm doch große Möglichkeiten eröffnet. Nicht nur seine Kompositionen und Aufführungen, auch jeden Sonntag „anspruchsvolle Orgelmusik im Gottesdienst“ zu spielen, erfüllte ihn. „Seine“ Schuke-Orgel, „die alles mitmacht“, kennt und spielt er wie kein anderer. Kleber gibt bis heute Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Orgelunterricht. Dazu die Chorarbeit: Neben dem Paulus-Chor, mit dem er auch große Werke aufführte, leitete er am Anfang gemeinsam mit seiner Frau einen Chor mit 40 Kindern in zwei Gruppen. Später gründete er noch einen Seniorenchor, den es bis zur Corona-Pandemie gab. Sein jüngster Chor – in der Corona-Zeit mit kleiner Besetzung entstanden, heißt „Coroncina Paulina“.  

Wolfgang Kleber hat den „Orgel-Sommer“ bereits 1985 in Darmstadt ins Leben gerufen. Hier gastieren in wöchentlichen Konzerten Organisten und Organistinnen aus aller Welt. Umgekehrt spielte Kleber auch manche Orgel in vielen Ländern in und außerhalb Europas. Vor acht Jahren kam der „Ökumenische Orgel-Winter“ in Darmstadt hinzu. Kleber war aber auch offen für andere Genres, bot er doch im Jahr 2000 einen Kurs „Jazz an der Orgel“ an oder spielte mit vier weiteren Musikern ein Rock-Programm in der Pauluskirche. Mit der Schweizer Sopranistin Barbara Meszaros und ihrem Bruder Gabor (Fagott) bildet er seit 2002 das „Trio Insolito“, das seither an verschiedenen Orten gemeinsam auftritt.

Er habe eine „sehr gute Kooperation der Organisten und Chorleiter in Darmstadt“ erlebt. Auf Dekanatsebene engagierte sich Kleber zudem in der Mitarbeitenden-Vertretung. Vor allem der gute Kontakt zur Stadtkirche sollte auch künftig noch weiter ausgebaut werden. Vereinbart ist schon, dass der Paulus-Organist oder die Paulus-Organistin verstärkt in der Stadtkirche spielen und die Darmstädter Kantorei auch in der Pauluskirche singen soll.

Nach ernsthafter Erkrankung und Operation im vergangenen Jahr geht Wolfgang Kleber nun frühzeitig in den Ruhestand. Zuviel möchte er sich für die nun freie Zeit noch nicht vornehmen. Doch den einen oder anderen Vertretungsdienst. Weiter komponieren will er und gern auch Konzerteinladungen annehmen. Und sich gemeinsam mit seiner Frau, die im kommenden Jahr ebenfalls in den Ruhestand geht, seinen fünf Enkelkindern widmen. Und einen langgehegten Traum hat Wolfgang Kleber noch: dass seine Oper „Santa Cruz“ einmal aufgeführt wird.

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