Dekanin spricht bei Kundgebung auf dem Friedensplatz
Guido Schiek
27.02.2022
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Das Dekanat hat mit zur Kundgebung „Stoppt den Angriffskrieg in Europa!“ am Samstag, 10.30 Uhr auf dem Friedensplatz aufgerufen. Aufgerufen haben gemeinsam: Grüne, CDU, Volt, SPD, FDP, Uffbasse, DGB, IG Metall, Vielbunt e.V. sowie das Evangelische und Katholische Dekanat.
Das nächste ökumenische Friedensgebet wird am kommenden Montag, 28. Februar, 18 Uhr, am Kapellplatz stattfinden und ab dann regelmäßig jeden Montag dort.
Ansprache von Dekanin Ulrike Schmidt-Hesse bei der Kundgebung am 26. Februar auf dem Friedensplatz:
Link zur Facebook-Liveübertragung: live
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
„Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“ Das hat der Weltkirchenrat 1948 erklärt. Das bekräftigen wir heute angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.
Dieser Krieg ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts. Er bringt Tod und Zerstörung über die Menschen in der Ukraine. Viele Zivilist:innen - Männer, Frauen und Kinder - werden verletzt und getötet. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht. Ukrainische und russische Soldaten sterben.
Wir fordern: Schluss mit dem russischen Angriffskrieg! Sofortiger Rückzug der russischen Truppen hinter die international anerkannten Grenzen der Ukraine!
Im Krieg gibt es keine Gewinner, aber unzählige Menschenleben, Infrastrukturen und die Natur werden zerstört. Historisch errungene internationale Zusammenarbeit, Demokratie und Menschenrechte bleiben auf der Strecke.
Im Blick auf die Lage in der Ukraine ist es jetzt nötig, Sicherheit und Zugang für humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Zivile Infrastrukturen sind im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht zu schützen. Die Nachbarländer und andere Länder Europas sind aufgerufen, ihre Grenzen für die Menschen offen zu halten, die Sicherheit und Schutz suchen.
In unserer Partnerstadt Ushgorod kommen viele Menschen an, die die Grenze überqueren wollen.
Lassen Sie uns die humanitäre Hilfe für die Menschen in der Ukraine unterstützen!
Lassen Sie uns die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine unterstützen – auch hier in Darmstadt!
Es scheint, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine aller Friedenspolitik, Diplomatie, Kooperation und internationaler Zusammenarbeit eine Absage erteilt hat. Enttäuschung und Ernüchterung sind groß. Auch bei mir. Gleichwohl gilt auch weiterhin: eine Friedens- und Sicherheitspolitik, die an einer gerechten, stabilen und langfristigen Ordnung interessiert ist, braucht Verhandlungen, bei denen alle Interessen auf den Tisch kommen.
Es gilt, sich über Schritte zu einer neuen Friedens- und Sicherheitsordnung in Europa Gedanken zu machen. Wir sagen als Kirche: Wenn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor!
Der völkerrechtswidrige Angriff auf die Ukraine verlangt politische Reaktionen. Es wurden wirtschaftliche und diplomatische Sanktionen gegen Russland beschlossen, m.E. zu zögerlich. Aktuell werden Forderungen nach neuer militärischer Auf- und Ausrüstung laut.
Wir brauchen eine breite politische Diskussion über die richtigen Maßnahmen!
Dazu gehört für mich auch das Thema unserer Abhängigkeit von Erdgas und Erdöl und auch der Ausbau der Instrumente ziviler Konfliktbearbeitung zur Friedenssicherung.
Gleichzeitig gilt: alle informellen und formellen Kontakte zur Deeskalation müssen genutzt werden. Der Krieg darf nicht das Ende der Diplomatie sein. Es kommt darauf an, Wege von einer gewaltsamen zu einer nicht gewaltsamen Konfliktaustragung zu finden.
Viele Menschen in unserer Stadt sind entsetzt über diesen Krieg. Viele sind verunsichert.
Jeden Mittag um 12 Uhr rufen die Kirchenglocken in Darmstadt zum persönlichen Gebet für den Frieden. In gemeinsamen Friedensgebeten wie montagsabends auf dem Kapellplatz wollen wir den Sorgen öffentlich Raum geben und dem Thema Frieden Raum geben.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
lassen Sie uns die Hoffnung hochhalten, dass Frieden möglich ist – in Europa und der Welt.
Mich stärken die Nachrichten über die vielen Menschen, die in Russland auf die Straße gehen und ein Ende des Kriegs fordern. „Nein zum Krieg“, rufen sie. Sie riskieren dabei viel. Tausende wurden verhaftet.
Ebenso stärkt mich, dass wir hier als Personen aus verschiedenen Parteien und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zusammenkommen und zusammenstehen.
Vor dem Hauptgebäude der Vereinten Nationen in New York steht eine Skulptur. Ein Mann verwandelt mit kräftigen Hammerschlägen ein Schwert in eine Pflugschar. Diese Skulptur hat die Sowjetuniton 1959 den UN geschenkt. Sie trägt den Titel: „Wir werden unsere Schwerter zu Pflugscharen machen.“ Ein Zitat aus dem Prophetenbuch Micha in der Bibel.
Dort heißt es: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Rebmessern. Kein Volk wird wider das andere das Schwert erheben und sie werden nicht mehr lernen Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen und niemand wird sie schrecken.“
Schwerter zu Pflugscharen, dieses Hoffnungsbild war auch das Zeichen der Friedensbewegung in der DDR. Diese hat viel erreicht.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Schwerter zu Pflugscharen!
Lassen Sie uns als Christinnen und Christen, als Angehörige anderer Religionsgemeinschaften und als Menschen ohne religiöse Bindung im Blick auf dieses Hoffnungsbild leben und handeln.
Schluss mit dem russischen Angriffskrieg!
Für die Wahrung des Völkerrechts!
Für den Frieden in Europa und der Welt!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ulrike Schmidt-Hesse, Dekanin
Evangelisches Dekanat Darmstadt
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